"Gut behauptet" ist schon halb verwirkt!
Trifft ein Makler "ins blaue Hinein" falsche Behauptungen und werden hierdurch die Interessen des Maklerkunden schwer wiegend gefährdet oder beeinträchtigt, entfällt der Lohnanspruch des Maklers. Hierfür ist es nicht notwendig, dass dem Maklerkunden ein Schaden entsteht.
OLG Koblenz, Beschluss vom 02.05.2019 - 2 U 1482/18
BGB § 654
Problem/Sachverhalt
Ein in Bürogemeinschaft mit seinem Sohn tätiger Makler vermarktet eine Eigentumswohnung. Der spätere Käufer der Eigentumswohnung äußert im Vorfeld des Erwerbs, dass es ihm wichtig sei, in einer Eigentümerversammlung nicht überstimmt werden zu können. Ohne Kenntnis von der rechtlichen Ausgestaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu haben, behauptet der Makler, dass es nur einen weiteren Eigentümer gebe und dass in der Eigentümerversammlung nach Kopfteilen abgestimmt wurde, so dass der Käufer nicht überstimmt werden könne. Zudem behauptet er, dass noch keine Teilungserklärung über eine Aufteilung in Miteigentumsanteile vorliege. Tatsächlich liegt dem Sohn des Maklers zu diesem Zeitpunkt bereits eine Teilungserklärung vor, aus der sich die Unrichtigkeit der Behauptungen des Maklers ergibt. Nach Abschluss eines notariellen Kaufvertrags verlangt der Makler vom Käufer die Zahlung von Maklercourtage. Unter Berufung auf die falschen Behauptungen verweigert der Käufer die Zahlung. Zu Recht?
Entscheidung
Ja! Der Makler hat seinen Lohnanspruch dadurch verwirkt, dass er seine Treuepflichten gegenüber dem Käufer, also seinem Maklerkunden, durch Behauptung falscher Tatsachen verletzt hat. Eine solche Verletzung liegt vor, wenn er mit an Vorsatz grenzender Leichtfertigkeit die Interessen des Maklerkunden so schwer wiegend gefährdet oder beeinträchtigt, dass er unwürdig für den Erhalt des Maklerlohns erscheint. Hier muss sich der Makler solch ein Verhalten vorwerfen lassen, weil er ihm unbekannte Tatsachen behauptet hat. Dies gilt erst recht, weil er bei fachgerechter Organisation der Zusammenarbeit mit seinem Sohn die Teilungserklärung und damit auch die tatsächliche Rechtslage gekannt hätte. Erschwerend tritt hinzu, dass dem Makler das besondere Interesse des Käufers an der Ausgestaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft bekannt war. Für eine Verwirkung des Lohnanspruchs spielt es zudem keine Rolle, ob der Maklerkunde bei Prüfung der bei Beurkundung vorgelegten Dokumente die tatsächliche Rechtslage hätte erkennen können oder ob dem Kunden durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Denn mit der Verwirkung des Lohnanspruchs wird das pflichtwidrige Verhalten des Maklers unabhängig von tatsächlichen Auswirkungen und dem Verhalten des Käufers sanktioniert.
Praxishinweis
Maklerkunden dürfen ohne eigene Überprüfung auf die Angaben eines Maklers vertrauen, sofern sich ein Fehler des Maklers nicht geradezu aufdrängt. Dies gilt insbesondere bei einer Beantwortung von Kundenfragen durch den Makler. Aus diesem Grund ist Maklern dringend davon abzuraten, ohne Kenntnis der technischen und rechtlichen Begebenheiten einer Liegenschaft "ins Blaue hinein" Behauptungen gegenüber ihren Maklerkunden aufzustellen. Im Zweifel sollte ein Makler noch bestehende Wissenslücken offenbaren und eine Nachfrage beim Verkäufer anbieten oder auf Fachleute verweisen. Soweit der Makler Informationen des Verkäufers weitergibt, sollte er zudem immer klarstellen, dass er diese nicht geprüft hat. Drängt sich ihm jedoch auf, dass diese falsch sind, sollte er beim Verkäufer nachfragen.
RA Martin Butzmann, Düsseldorf
IMR 2019, 426