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Verwirkung des Provisionsanspruchs bei Doppeltätigkeit

1.
Die Verwirkung i.S.d. § 654 BGB verlangt in objektiver Hinsicht einen schwer wiegenden Treuepflichtverstoß des Maklers, bei oder nach Abschluss des Maklervertrags. Subjektiv muss der Makler vorsätzlich oder mit dem Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwer wiegender Weise zuwiderhandeln, dass er eines Lohns unwürdig erscheint.

2.
Ein wichtiger Anwendungsfall des § 654 BGB bildet die treuwidrige Doppeltätigkeit des Maklers.

3.
Der Makler, der einen Doppelauftrag hat, darf in die Preisverhandlungen nicht eingreifen. Hat er den Verkäufer schon über den Preis beraten und dieser dann seine Forderung gestellt, darf der Makler nicht mehr mit seinem Wissen und seinem Rat dem Kaufinteressenten dienen. Andernfalls würde er die Interessen des Verkäufers beeinträchtigen. Er ist gehalten, dem Käufer zu empfehlen, sich anderweitig Rat einzuholen.

4.
Im Fall eines qualifizierten Alleinauftrags durch den Verkäufer darf der Makler nicht vom Objekt des Verkäufers abraten, indem er zugleich anderweitig vorgestellte Objekte gegenüber dem Interessenten als besser bezeichnet.

LG München II, Urteil vom 16.05.2019 - 11 O 134/18 (nicht rechtskräftig)
BGB §§ 652, 654

Problem/Sachverhalt

Der klagende Makler verlangt vom Verkäufer Maklerprovision für den Verkauf einer Wohnanlage. Nach dem qualifizierten Alleinauftrag sollte ursprünglich der Käufer 6% Provision entrichten. Dem späteren Käufer bot der Makler neben dem streitgegenständlichen Objekt weitere Objekte an, eines wurde als das Beste empfohlen. Der Käufer bot einen Inklusivpreis (Kaufpreis und Provision). Der Verkäufer war einverstanden, die Provision selbst an den Makler zu bezahlen. Ohne Zustimmung des Verkäufers sandte der Makler an den Käufer eine Exklusivitätsvereinbarung, die einen Preis unterhalb des Angebots des Käufers beinhaltete. Der Verkäufer lehnte eine Provisionszahlung wegen Verwirkung ab.

Entscheidung

Der Provisionsanspruch des Maklers ist verwirkt. Der Makler ist sowohl für den Verkäufer wie auch den späteren Käufer als Vermittlungsmakler tätig geworden. Ist die Doppeltätigkeit dem Makler gestattet, so bleibt die Grundpflicht bestehen, für seinen Auftraggeber treu tätig zu werden. Daher darf der Makler, der einen Doppelauftrag hat, grundsätzlich nicht in die Preisverhandlungen eingreifen. Statt den Kaufvertragsparteien die Preisverhandlungen zu überlassen, hat der Makler erheblich auf das schlussendliche Angebot des Käufers eingewirkt. Es ist völlig offensichtlich, dass es dem Makler vor allem darum ging, ein Angebot zu generieren, das auch dessen Provision beinhaltet. Ein weiterer Pflichtverstoß trägt den Verwirkungseinwand: Der Verkäufer wollte sich nicht in die Hände eines Maklers begeben, der seinen eigenen Kunden anderweitige Objekte empfiehlt und damit vom Objekt des Verkäufers abrät. Vor dem Hintergrund des geschlossenen qualifizierten Alleinauftrags trifft den Makler eine besonders ausgeprägte Treuepflicht. Eine Pflichtverletzung ist überdies die nicht autorisierte Versendung der Exklusivitätsvereinbarung. Im Übrigen hat der Makler gegen seine Wahrheitspflicht verstoßen. Dem Käufer ist das Angebot eines Dritten genannt worden, der tatsächlich deutlich weniger geboten hat. Alle Umstände rechtfertigen die Verwirkung des Provisionsanspruchs.

Praxishinweis

Ausführlich befasst sich das Landgericht mit der Rechtsprechung und den Fragen der Verwirkung des Provisionsanspruchs. Die Begründung überzeugt. Die Hürden für eine Verwirkung sind nach wie vor hoch, der Makler ist gut beraten, sich redlich zu verhalten.

RA Babo von Rohr, Hamburg
IMR 2019, 516

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