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Vergewaltigung der Stieftochter: Minderung des Zugewinnausgleichs?

(red/dpa). Nach einer Trennung wird in der Regel ein Zugewinnausgleich durchgeführt. In Ausnahmefällen kann der Zugewinnausgleich des wirtschaftlich schwächeren Partners gekürzt werden oder sogar entfallen. Was ist, wenn der Mann die Stieftochter vergewaltigt hat?

Das getrenntlebende Ehepaar stritt über die Verpflichtung der Frau zur Zahlung von Zugewinnausgleich an den Mann. Die Frau wehrte sich dagegen. Etwaigen Ausgleichsansprüchen stünden erhebliche Gegenansprüche gegenüber. In jedem Fall aber seien sie wegen grober Unbilligkeit abzulehnen. Der Mann habe ihre im gemeinsamen Haushalt lebende Tochter im Jahr 2003 vergewaltigt.

In erster Instanz verpflichtete das Gericht die Frau zur Zahlung eines Ausgleichsbetrags von rund 31.500 Euro und setzte den Ausgleichsanspruch damit um zwei Drittel herab. Die Frau legte Berufung ein. Doch die zweite Instanz entschied genauso.

Stieftochter vergewaltigt: Bei Scheidung kein Zugewinnausgleich?
Eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs sei in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Ein Leistungsverweigerungsrecht bestehe dann, wenn „die Gewährung des Ausgleichsanspruchs dem Billigkeits‑ und Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen“ würde. Die (volle) Gewährung des Zugewinnausgleichs müsse für den Ausgleichspflichtigen ein „unzumutbares Opfer“, „unerträglich ungerecht“ sein.

Um grobe Unbilligkeit könne es sich etwa dann handeln, wenn der Ehepartner, der den geringeren Zugewinn erwirtschaftet hat, über längere Zeit seine wirtschaftlichen Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt habe. Ein solches Fehlverhalten sah das Familiengericht in dem Versuch des Mannes, an die auf dem Rechner des Taxiunternehmens gespeicherten Daten zu gelangen.

Beschränkung des Zugewinnausgleichs auf ein Drittel
Insbesondere berücksichtigten die Richter „das gravierende Fehlverhalten“ des Mannes durch die Vergewaltigung seiner Stieftochter. Die Richter betonten, dass sie den Umstand, dass das Paar sich erst viele Jahre nach der Tat und der strafrechtlichen Verurteilung getrennt hätte, nicht als „Verzeihung“ des Fehlverhaltens werteten. Der Mann habe selbst angegeben, dass die Frau wirtschaftlich von ihm abhängig gewesen sei. Sie habe außerdem seine Unterstützung in dem maßgeblich von ihm aufgebauten Unternehmen benötigt. Das Paar hätte sich nach der Tat und seiner Verurteilung verständigt, zunächst zusammenzubleiben und zu versuchen, die gemeinsamen Schulden abzutragen und sich erst dann zu trennen. Dazu passe die Aussage der Frau, man habe nach der Straftat zwar noch unter einem Dach, aber getrennt von Tisch und Bett gelebt.

Andererseits müsse man aber auch berücksichtigen, dass das Ehepaar Vermögensbildung einseitig zu Gunsten der Frau betrieben habe. In der Gesamtschau sei deshalb ein völliger Wegfall des Ausgleichsanspruchs nicht gerechtfertigt. Mit der vom Familiengericht vorgenommenen Kürzung des Ausgleichsanspruchs auf ein Drittel sei den Interessen beider Beteiligten angemessen Rechnung getragen.

Oberlandesgericht Zweibrücken am 31. August 2019 (Az: 2 UF 81/18)

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