Auch wenn das Kind die Regelstudienzeit überschreitet, sind Eltern häufig weiterhin verpflichtet, Ausbildungsunterhalt zu zahlen. Es gibt insbesondere keine verbindliche Höchstdauer eines Studiums, bei deren Überschreitung die Verpflichtung entfällt.
Nach dem Abitur begann der junge Mann mit 17 Jahren ein Jurastudium. Im Wintersemester 2018/2019 und im Sommersemester 2019 studierte er im Rahmen eines Erasmus-Programms in England. Im Wintersemester 2023/2024 nahm er eine Tätigkeit als Korrekturassistent und einen Lehrauftrag im Umfang von 2 Semesterwochenstunden an. Im Oktober 2024 schloss er sein Studium ab und hatte damit 16 Semester studiert.
Sein Vater zahlte ihm bis einschließlich September 2022 Ausbildungsunterhalt, zuletzt in Höhe von monatlich rund 320 Euro. Im Oktober 2022 stellte er die Unterhaltszahlungen ein. Unter anderem argumentierte er, dass die geplante Finanzierungsdauer von 12 Semestern erreicht sei. Sein Sohn habe nicht ausreichend zielstrebig studiert. Über das Auslandsjahr habe er ihn nicht vorab informiert.
Der Vater verfügt neben seinem Gehalt als Universitätsprofessor über Einkünfte aus einer Nebentätigkeit als Geschäftsführer sowie Mieteinnahmen. Er lebt mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau, dem gemeinsamen Kind und zwei weiteren minderjährigen Kindern seiner Frau in einer ihm gehörenden Immobilie mit einer Wohnfläche von knapp 200 m², für deren Finanzierung er monatlich rund 3.250 Euro aufwendet.
Das monatliche Nettoeinkommen der ebenfalls wiederverheirateten Mutter des jungen Manns beläuft sich auf 3.575 Euro. Vor Gericht wollte er erreichen, dass sein Vater ihm weiterhin Unterhalt zahlt. Zu dem Zeitpunkt, als das Verfahren begann, hatte er das Studium noch nicht abgeschlossen.
Unterhaltspflicht bis Ende des Studiums?
Der Sohn hatte Erfolg: Sein Vater muss Unterhalt bis zum Ende des Studiums zahlen. Die Unterhaltspflicht bestehe grundsätzlich bis zum Regelabschluss des Studiums, erläuterte das Gericht, für Juristen sei das das Staatsexamen. Der Anspruch des Studierenden gegenüber seinem Vater sei nicht vor der Examensprüfung im Oktober 2024 durch Erfüllung erloschen oder aus anderen Gründen weggefallen. Eine feste Altersgrenze, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfalle, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Entscheidend seien stets die Umstände des Einzelfalls und ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt noch zumutbar sei.
Der Studierende habe nicht gegen seine Verpflichtung verstoßen, das Jurastudium zügig durchzuführen. Dagegen spreche auch nicht, dass er seine Ausbildung erst nach gut 16 Semestern abgeschlossen habe. Anders als der Vater anzunehmen scheine, gebe es insbesondere keine verbindliche Höchstdauer eines Studiums, bei deren Überschreitung der Ausbildungsunterhalt entfalle.
Studium verzögert sich ‑ müssen Eltern weiterzahlen?
Anerkannt sei, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein „Bummelstudium“ nicht finanzieren, aber durchaus Verzögerungen hinzunehmen habe, die beispielsweise auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Studierenden zurückzuführen seien. Ihm müsse dabei auch ein gewisser Freiraum für die selbständige Studiengestaltung verbleiben.
Die beiden Auslandssemester betrachteten die Richter „im Hinblick auf die damit verbundene Erweiterung der Berufsperspektiven“ als sinnvoll und angesichts der Einkommensverhältnisse der Eltern“ als vertretbar. Man könne im vorliegenden Fall bereits eine Studiendauer von jedenfalls gut 14 Semestern als üblich bezeichnen.
Hinzu komme die 2023/2024 begonnene aktive Beteiligung am Lehrbetrieb. Darüber hinaus falle ganz erheblich ins Gewicht, dass der Mann sein Studium bereits im Alter von 17 Jahren begonnen habe. Es könne keine Rede davon sein, dass er seinen Vater über Gebühr lange auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen habe. Das Gericht: „Der Antragsteller hat durch sein im Oktober 2024 im Alter von 25 Jahren mit erfreulichem Ergebnis abgeschlossenes Jurastudium dem Antragsgegner nicht unangemessen lange ‚auf der Tasche‘ gelegen.“
Oberlandesgericht Bremen am 28. November 2024 (Az: 5 UF 23/24)