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STIKO‑Empfehlungen folgendes Elternteil entscheidet über Impfung eines Kindes

Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind kann bei Uneinigkeit unter den Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 08.03.2021 entschieden. Dies entspreche dem Kindeswohl am ehesten.

Sorgerechtsstreit über Impfung eines Kleinkindes

Im Streit über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für ein Kleinkind wollte die Mutter das Kind gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen. Der Vater war damit nicht einverstanden und verlangte eine gerichtliche Prüfung der Impffähigkeit des Kindes. Dem Antrag der Mutter, ihr die Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen zu übertragen, gab das Amtsgericht statt. Der Vater legte Beschwerde ein.

Maßstab ist Wohl des Kindes

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde nun zurückgewiesen. Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen sei eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Könnten sich Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge diesbezüglich nicht einigen, sei die Entscheidung demjenigen Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht werde.

Orientierung an STIKO‑Empfehlungen entspricht Kindeswohl am besten

Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Schutzimpfungen auf einen Elternteil könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich maßgeblich darauf abgestellt werden, dass ein Elternteil Impfungen offen gegenüberstehe und seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiere, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlungen bestehe. Es sei davon auszugehen, dass eine solche Handlungskonzeption dem Kindeswohl an Besten entspreche.

Empfehlungen der STIKO stellen antizipiertes Sachverständigengutachten dar

Bei der Abwägung zwischen Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleibender Impfung könne die Entscheidung auf den Elternteil übertragen werden, der den fachlichen Empfehlungen der STIKO folge. Diesen Empfehlungen komme die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu. Da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Situation unter Berücksichtigung etwaiger Kontraindikationen ärztlich zu prüfen sei, bedürfe es auch keiner allgemeinen, unabhängig von einer konkreten Impfung vorzunehmenden gerichtlichen Aufklärung der Impffähigkeit des Kindes. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit des Kindes im Hinblick auf den Impfvorgang selbst trügen die Empfehlungen der STIKO ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgang werde von der STIKO eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen empfohlen.

zu OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.03.2021 - 6 UF 3/21
Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 18. März 2021.

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