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Modegeschäft muss Innentemperatur zwischen 20°C - 26°C haben!

Die zum Betrieb eines Modegeschäfts vermieteten Räume müssen ein Raumklima und eine Innentemperatur der Mieträume aufweisen, die für den Betrieb eines solchen Geschäfts, in dem Mitarbeiter beschäftigt sind und Kunden Bekleidungsstücke auswählen und anprobieren, sowohl erforderlich als auch üblich sind. Hierzu gehört es, dass Raumtemperaturen von 26°C nicht überschritten und 20°C nicht unterschritten werden.*)

OLG Rostock, Urteil vom 17.05.2018 - 3 U 78/16
BGB § 535 Abs. 2, § 536 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Ein Vermieter vermietet Flächen zum Betrieb eines Modegeschäfts. Der Mietvertrag enthält keine Regelungen bezüglich geschuldeter Raumtemperaturen. In der Mietsache werden trotz mitvermieteter Klimatisierung regelmäßig Temperaturen von über 26°C bzw. von unter 20°C gemessen. Aus diesem Grund beruft sich der Mieter auf eine Minderung der Miete und zahlt eine um bis zu 25% reduzierte Miete. Der Vermieter nimmt den Mieter daher auf Nachzahlung in Anspruch. Zu Recht?

Entscheidung

Nein! Die hohen und niedrigen Temperaturen stellen einen erheblichen Mangel der Mietsache dar, der den Mieter zur Zahlung einer entsprechend geminderten Miete berechtigt. Die Mietsache ist mangelhaft, weil ihre Beschaffenheit vom vertraglich vorausgesetzten Zustand negativ abweicht. Der geschuldete Zustand der Mietsache ergibt sich grundsätzlich aus den Abreden der Vertragsparteien im Vertrag selbst. Vorliegend enthält der Mietvertrag jedoch keine entsprechende Regelung zu Raumtemperaturen. Deshalb stellt das Gericht darauf ab, ob in der Mietsache die für den vereinbarten Mietzweck ‑ hier der Betrieb eines Modegeschäfts ‑ erforderlichen Temperaturen erreicht werden. Bei der Bestimmung der erforderlichen Temperaturen betrachtet das Gericht die Bedürfnisse der Kunden und des Personals. Hinsichtlich des in der Mietsache beschäftigten Personals muss der Mieter als Arbeitgeber die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) beachten, so dass diese ‑ vermittelt über den Mietzweck ‑ auch im Mietverhältnis zu berücksichtigen ist. Damit dürfen 26°C nicht regelmäßig über‑ und 20°C nicht regelmäßig unterschritten werden. Aus Sicht der Kunden darf ein Bekleidungsgeschäft weder zu warm noch zu kalt sein. Denn bei zu hohen Temperaturen kommen die Kunden bereits bei Durchsicht des Warenangebots und insbesondere bei der Anprobe von Kleidungsstücken ins Schwitzen. Zu niedrige Temperaturen schrecken die Kunden ebenfalls von einer Anprobe ab.

Praxishinweis

Das Urteil überzeugt insoweit, als es verlangt, dass in klimatisiert vermieteten Räumen regelmäßig Temperaturen unter 26°C und über 20°C erreichbar sein müssen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Das Gericht weicht jedoch von beachtlicher Rechtsprechung ab, die einen Rückgriff auf die ArbStättV überzeugend ablehnt und allein auf die vertraglichen Regelungen und die bautechnischen Anforderungen abstellt (vgl. OLG Frankfurt, IMR 2007, 219; OLG Karlsruhe, IMR 2010, 98; KG, IMR 2012, 389). Denn die ArbStättV gilt nur im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, jedoch nicht ‑ auch nicht mittelbar über dem Mietzweck ‑ im Mietverhältnis. Solange der BGH nicht entscheidet, welche Raumtemperaturen für sich gesehen bereits einen Mietmangel darstellen, gilt hier "Landrecht". Je nach OLG‑Bezirk können Temperaturen von unter 26°C verlangt werden oder nicht.

RA Martin Butzmann, Düsseldorf
IMR 2018, 285

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