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Mietpreisbremse: Keine Umgehung durch Nachtrag!

1.
§ 556 BGB ist verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

2.
Auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist gewahrt.

3.
Auch die MietBegrV Berlin vom 28.04.2015 ist verfassungsgemäß.

4.
§ 556 BGB ist bei Kündigung des Vormieters und Aufnahme eines neuen Mieters mittels Nachtrags anwendbar.

5.
Für die Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist die eigene Überzeugung des Gerichts erforderlich.

LG Berlin, Urteil vom 25.04.2018 ‑ 65 S 238/17
BGB § 556d; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 Satz 2, Art. 100 Abs. 1 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Die Vormieter einer Wohnung in Berlin kündigten das Mietverhältnis. Daraufhin vereinbarte der Vermieter und Beklagte im Rahmen eines Nachtrags zum Mietvertrag mit den Klägern und neuen Mietern eine um mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete. Die Kläger haben zuvor schon in der Wohnung als Untermieter gewohnt. Nach Beendigung des Mietverhältnisses forderten die Kläger auf Grundlage von § 556d BGB die Differenz zwischen vereinbarter Miete und nach § 556d BGB zulässiger Miete zurück.

Entscheidung

Zu Recht! § 556d BGB ist anwendbar, da der Nachtrag unter Einbeziehung der Vormieter rechtlich ein Neuabschluss ist. Auch wenn es sich um einen Nachtrag handelt, so werden hierdurch erstmalig mit den vormaligen Untermietern vertragliche Beziehungen aufgebaut, wodurch der Anwendungsbereich von § 556d BGB eröffnet ist. § 556d BGB verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, da diese Ermächtigungsnorm zum Erlass einer Verordnung nur hinreichend bestimmt sein muss und sich anhand allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen muss. Das ist der Fall, da das Kriterium "angespannter Wohnungsmarkt" als Entscheidung, ob eine Verordnung erlassen werde, genannt ist und nunmehr mit Blick auf die Ermächtigungsgrundlagen in § 577a Abs. 2, § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB präzisiert wurde. Insofern liegen hinreichende normative Anhaltspunkte für die Entscheidung des Verordnungserlasses vor. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, da die Anknüpfung der Wiedervermietungsmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete den heterogenen Wohnungsmärkten Rechnung trägt und an ein gesetzlich definiertes Kriterium der Mietpreisbildung anknüpft. Im Rahmen der weiten Gestaltungsfreiheit liegt keine Ungleichbehandlung vor. Zwar werden Vermieter in angespannten Wohnungsmärkten stärker eingeschränkt, die Ungleichbehandlung beruht aber auf der Ungleichheit der Märkte, da bei angespannter Wohnungslage sich von vorneherein ein höherer Ertrag erzielen lässt. Eine Vorlage an das BVerfG und Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur dann angezeigt, wenn das erkennende Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist. Bloße Zweifel oder die Überzeugung anderer Gerichte genügen nicht für eine Vorlage an das BVerfG.

Praxishinweis

Infolge des Urteils ist dem Vermieter die Beachtung des § 556d BGB bei Neuvermietung zu raten, da andere Gerichte dieses Urteil für die Anwendbarkeit von § 556d BGB heranziehen werden. Erst bei einer Vorlage und Verwerfung durch das BVerfG kann hiervon abgewichen werden.

RA und FA für Miet‑ und Wohnungseigentumsrecht Fabian Rohde, Berlin
IMR 2018, 408

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