KL
 
 
     
 

Messi kann (meist) nur ordentlich gekündigt werden!

1.
Eine erhebliche Gefährdung der Mietsache i.S.v. § 543 Abs. 2 BGB liegt dann vor, wenn die Mietsache durch die Sorgfaltspflichtverletzung bereits geschädigt worden ist oder wenn der Eintritt eines Schadens nach der Sachlage signifikant höher ist als bei einem vertragsgerechten Verhalten.

2.
Eine Sorgfaltsvernachlässigung durch den Mieter kann nur dann für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB herangezogen werden, wenn hierdurch eine erhebliche Gefährdung der Mietsache eintritt.

3.
Für die Wirksamkeit der Kündigung ist allein auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs abzustellen, ohne dass ein etwaiges nachträgliches Wohlverhalten zu berücksichtigen wäre. In Betracht kommt allenfalls, dass das Festhalten des Vermieters am Räumungsanspruch dann als rechtsmissbräuchlich erscheint, wenn tatsächlich eine nachhaltige Verhaltensänderung vorliegt.

LG Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2019 - 9 S 2/19
BGB § 543 Abs. 1, 2, § 573 Abs. 1, 2

Problem/Sachverhalt

Der Mieter hatte seine Wohnung mit Kleidungsstücken und mit Kleidungsstücken gefüllten Plastiktüten derart zugestellt, dass lediglich noch 50 bis 60 cm breite Durchgänge verblieben. Ein Öffnen der Fenster und der Balkontür war nicht mehr möglich. Der Vermieter kündigte außerordentlich fristlos wegen erheblicher Gefährdung der Mietsache gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB und berief sich darauf, dass die Bausubstanz durch die Verwahrlosung der Wohnung konkret gefährdet sei. Es bestünde die naheliegende Gefahr einer Schimmelbildung. Auch sei die Gefahr des Schädlingsbefalls deutlich erhöht. Hilfsweise hatte der Vermieter die ordentliche Kündigung ausgesprochen. Das Amtsgericht war dieser Argumentation ohne weitergehende Beweisaufnahme gefolgt und verurteilte den Mieter zur sofortigen Räumung. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner Berufung.

Entscheidung

Das Landgericht stellt zunächst fest, dass das Urteil der ersten Instanz größtenteils auf Vermutungen beruhe und es an einer weiterführenden Beweisaufnahme fehle. Die Voraussetzungen einer außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgrund erheblicher Gefährdung der Mietsache seien bereits nicht hinreichend dargelegt. Der Vermieter habe erstinstanzlich zwar pauschal behauptet, dass eine Schädigung der Mietsache konkret eingetreten sei. Zur konkreten Art der Schädigung enthalte der Vortrag jedoch keine Aussagen. Auch mangle es an Ausführungen, welche Art an künftigem Schadenseintritt alternativ zu befürchten sei. Das Berufungsgericht stützt die Beendigung des Mietverhältnisses aber auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB. Durch die vorgelegten Fotos und die Zeugenaussagen sieht das Gericht eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten als gegeben. Die Vermietung erfolgte zur Wohnnutzung. Durch das Verhalten des Mieters und den dadurch erlangten Zustand der Wohnung sei eine solche Wohnnutzung selbst unter Berücksichtigung der erheblichen Bandbreite der zuzugestehenden Wohnnutzung nicht mehr gegeben. Darauf, dass der Mieter nunmehr unter Betreuung stehe und sich der Zustand der Wohnung gegebenenfalls ändern werde, komme es nicht an, da allein auf die Umstände zum Zeitpunkt der Kündigung abzustellen sei.

Praxishinweis

Eine Inaugenscheinnahme der Wohnung durch das erstinstanzliche Gericht hätte nahegelegen. Der Fall zeigt aber auch, wie wichtig aus Vermietersicht der hilfsweise Ausspruch der ordentlichen Kündigung ist. Bei korrekt erfolgter Abmahnung führt diese häufig zum Ziel.

RAin und FAin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Melanie Ramm, Hamburg
IMR 2020, 8

« zurück

 
     

 
  Lister Meile 89 | 30161 Hannover | Fon 0511 39497220 | Fax 0511 39497225 | info@kl-kanzlei.com Impressum & Datenschutz