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Kündigung der Mietwohnung wegen Messie-Syndroms?

Vermieter dürfen unter Umständen einem Mieter kündigen, der unter dem Messie-Syndrom leidet. Dies setzt voraus, dass der Mieter dadurch erheblich seine Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt.

AG Neustadt/Aisch, Urteil vom 25.08.2016 - 1 C 321/15

BGB §§ 535, 546, 573

Problem/Sachverhalt

Ein langjähriger Mieter einer Drei-Zimmer Wohnung fiel zunächst dadurch auf, dass er über Jahre verschiedenste Gegenstände im nicht vermieteten Hausflur und im Eingangsbereich gelagert hatte. Erst nach Ausspruch der Kündigung entfernte er sie. Anlässlich der nachfolgenden Besichtigung der Mietwohnung bemerkte der Vermieter, in welchem Zustand sich diese befand. Nach einer Abmahnung sprach er eine ordentliche sowie eine fristlose Kündigung aus. Der Mieter war hiermit nicht einverstanden und widersprach den Kündigungen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der Vermieter darf aufgrund des Zustands der Wohnung eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB aussprechen. Denn der Mieter hatte seine vertraglichen Pflichten verletzt. Dies begründet das Gericht damit, in welchem Zustand sich die Mietwohnung bei einer Inaugenscheinnahme befunden hatte. Hierbei hatte das Gericht festgestellt, dass sie auf erhebliche Weise verwahrlost gewesen war und ein übermäßiger Gebrauch der Mietsache durch Überlastung von Räumen erfolgt war. In der gesamten Wohnung stapelte sich Unrat. Zumindest ein Raum konnte gar nicht betreten werden. Darüber hinaus stank es in der gesamten Wohnung auf unerträgliche Weise. Küche und Bad waren sehr stark verschmutzt. Hierdurch hatte sich der Mieter vertragswidrig verhalten. Maßgeblich war dabei, dass dadurch die Mietsache gefährdet wurde. Dies ergab sich auch daraus, dass der Mieter die Wohnung unzureichend geheizt hatte. Ferner fiel ins Gewicht, dass der Mieter nach den Feststellungen des Gerichts nicht einsichtig gewesen war und keine Hilfsangebote annehmen wollte. Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung der Interessen des Vermieters muss das Interesse des langjährigen Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz seiner sozialen und finanziellen Situation zurückstehen. Er kann sich hier nicht auf eine unzumutbare Härte i.S.v. § 574 BGB berufen. Diesen Problemen kann hier lediglich durch Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist von etwa einem Jahr Rechnung getragen werden. Eine fristlose Kündigung gem. § 546 BGB scheitert an der Erheblichkeit. Dies begründet das Gericht damit, dass dieser Zustand bereits seit Jahren bestanden habe.

Praxishinweis

Dieses Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Auch wenn der Zustand der Wohnung hier auf einer Erkrankung beruht, so ist in extremen Fällen eine Kündigung des Vermieters unumgänglich. Das AG Münster ist in einem ähnlichen Fall davon ausgegangen, dass der Vermieter eine fristlose Kündigung aussprechen darf (Urteil vom 08.03.2011 - 3 C 4334/10, IMR 2012, 447). Vermieter sollten allerdings bedenken, dass sie den Mieter normalerweise erst abmahnen müssen. Zuvor sollten sie ein klärendes Gespräch suchen und ihn auf Hilfsangebote hinweisen (z. B. Psychotherapie, soziale Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen). Der Vermieter ist nicht zu einer Abmahnung oder Kündigung berechtigt, wenn sich die Wohnung lediglich in einem chaotischen Zustand befindet. Dies ergibt sich auch aus einem Urteil des LG Berlin vom 18.04.2011 (Az.: 67 S 502/10). Anders sieht es aber aus, wenn insbesondere aufgrund einer Vermüllung und mit dem damit verbundenen Gestank die Mietsache gefährdet ist und/oder andere Mieter dadurch unzumutbar belästigt werden.

Ass. jur. Harald Büring, Düsseldorf

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