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Für das Kindeswohl: Kindesschutzmaßnahmen nicht zur Bestrafung der Eltern

Maßnahmen zum Schutz von Kindern sollen nicht dazu dienen, einen Elternteil zu bestrafen oder für Gerechtigkeit zu sorgen. Sie richten sich ausschließlich danach, was für das Kind am besten ist.

Die getrenntlebenden Eltern üben das Sorgerecht für ihre drei Kinder, die bei der Mutter leben, gemeinsam aus. Das Verhältnis der Eltern war von massiven Konflikten geprägt. Der Vater forderte das alleinige Sorgerecht.

Das gerichtliche Sachverständigengutachten schlug eine vorübergehende so genannte Fremdunterbringung der Kinder vor. Einen Termin zum Kennenlernen einer Jugendhilfeeinrichtung, in der die Kinder in eine Wochengruppe umziehen könnten, lehnte die Mutter ebenso ab wie den Umzug. Der Vater beantragte daraufhin, ihm auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.

Das Amtsgericht entzog schließlich den Eltern das Sorgerecht in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung, schulische Angelegenheiten sowie Beantragung von Hilfen zur Erziehung und übertrug es auf das Jugendamt. Die Kinder wurden in einer Wochengruppe untergebracht und verbrachten die Wochenenden im Wechsel bei ihren Eltern. Dagegen legten beide Eltern Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht entschied, das Sorgerecht wieder den Eltern zur gemeinsamen Ausübung zuzuweisen. Der Entzug sei unverhältnismäßig gewesen. Er sei nicht das einzig gebotene und verhältnismäßige Mittel gewesen, um die Gesamtsituation der Geschwister zu verbessern.

Zwar müsse man die Beeinträchtigung der Kinder durch den massiven Streit ihrer Eltern berücksichtigen. Es gebe aber andererseits bei einer Herausnahme aus ihrem Zuhause für die Kinder schwerwiegende Entwicklungsrisiken. Der Umzug in die Wochengruppe habe für die Kinder eine komplette Entwurzelung bedeutet ‑ „von ihrem Zuhause, ihrer Mutter als Hauptbezugsperson, der weiteren Familie, ihren Freunden, ihren bisherigen Schulen wie auch ihrem sozialen Umfeld im Übrigen. Überall dort waren die Kinder nach übereinstimmenden Schilderungen zuvor gut integriert und verbunden.“ Abgesehen von dem schlechten Verhältnis der Eltern und der Auseinandersetzung über den Umgang hätten eine kindeswohlgerechte Betreuung, Versorgung und Förderung aller drei Kinder nicht in Frage gestanden. Umso deutlicher hätte es für das Amtsgericht und die Sachverständige sein müssen, dass die plötzliche Fremdplatzierung eine erhebliche Destabilisierung für die Kinder bedeuten würde.

Wenn auch das Verhalten der Mutter eine wichtige Rolle im Streit zwischen den Eltern spiele, müssten Maßnahmen zum Schutz des Kinds sich allein am Kindeswohl orientieren. Es gehe dabei nicht darum, persönliche Schwächen der Eltern auszugleichen oder angebliches Fehlverhalten zu bestrafen. Solche Dinge dürften kein Maßstab für Entscheidungen zum Sorgerecht sein.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 29. Januar 2025 (Az: 1 UF 186/24)

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