KL
 
 
     
 

Elektronisches Dokument: Wann ist es für eine Gerichtsbearbeitung geeignet?

Für die Frage, ob ein Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist, sind die Regelungen maßgeblich, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffen hat.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 04.10.2021 - 2-13 S 9/21
ERVV § 2 Abs. 2; ZPO § 130a Abs. 2 Satz 2, § 130a Abs. 5, § 520 Abs. 2 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Die Berufungsbegründung des B geht per beA am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist ein. Sie kann aber nicht geöffnet werden, da der Dateiname wohl Umlaute enthält. Fraglich ist, ob B die Berufungsbegründungsfrist verpasst hat.

Entscheidung

Das Landgericht verneint diese Frage! Dass das Gericht die fristgerecht per beA übersandte Berufungsbegründung nicht habe öffnen können, stehe ihrem rechtzeitigen Eingang nicht entgegen. Maßgeblich sei gem. § 130a Abs. 5 ZPO die Speicherung im dazu bestimmten System bei Gericht. Dies sei rechtzeitig geschehen. Wie der BGH mittlerweile entschieden habe, ergebe sich aus § 130a Abs. 2 ZPO nicht, dass ein im internen Gerichtsbetrieb auftretender Fehler zur Unwirksamkeit der Einreichung führe. Für die Frage, ob ein Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sei, seien vielmehr die Regelungen maßgeblich, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffen habe (Hinweis auf BGH, IBR 2020, 494). Dies sei die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV). In der ERVV finde sich kein Verbot von Dateinamen mit Umlauten. § 2 Abs. 2 ERVV, der sich mit Dateinamen beschäftige, enthalte lediglich die Empfehlung, mit dem Dateinamen den Inhalt schlagwortartig zu umschreiben. Dem sei B mit der Bezeichnung "Berufungsbegründung" nachgekommen. Auch in den Bekanntmachungen zu § 5 ERVV sei kein Verbot von Umlauten enthalten, wobei die Norm ohnehin nur Ermächtigungsgrundlage für technische Anforderungen an die Übermittlung sei. Der Dateiname gehöre - wie sich auch aus § 2 Abs. 2 ERVV ergebe - nicht dazu.

Praxishinweis

Nach § 2 Abs. 2 ERVV soll der Dateiname eines elektronischen Dokuments seinen Inhalt schlagwortartig umschreiben und bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthalten. Am besten ist es, einen aussagekräftigen Dateinamen zu verwenden, der auf den Inhalt schließen lässt, wie z. B. Klageschrift, Klageerwiderung oder Terminsverlegungsantrag, gegebenenfalls versehen mit einem Datum. Der Fall zeigt dabei im Übrigen erneut, dass Sonderzeichen (z. B. %, &, $) und Umlaute (ä, ö, ü) gefährlich sind und besser nicht verwendet werden sollten. Auch Leerzeichen sind tabu. Zwar sieht BGH, IBR 2020, 494, auf den sich das Landgericht auch beruft, an diesen Stellen keine Probleme. BFH, IMR 2019, 387, sah diese hingegen - und urteilte entsprechend. Es ist daher sogar fraglich, ob dem Beklagten trotz der irreführenden Nachricht an ihn, das Dokument sei erfolgreich zugegangen, Wiedereinsetzung hätte gewährt werden können (so BGH, IBR 2020, 494, und BFH, IMR 2019, 387). Denn der "Umlaut-Fehler" war mittlerweile jedenfalls bekannt und Hinweise an die Anwaltschaft, diesen Fehler zu meiden, wurden zahlreich gegeben (vgl. Greger, MDR 2020, 1305 (1306): "lässliche Sünde"; s. auch Müller, NJW 2021, 2179, Rz. 12; Elzer, IMR 2019, 387, und Müller, NZA 2019, 1120 (1123)). Ein BRAK-Sondernewsletter 1/2021 vom 20.04.2021 behauptet im Übrigen, Umlaute seien kein Problem mehr. Ob das alle Gerichtsserver wissen?

RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin Autorenprofil
IMR 2021, 479

« zurück

 
     

 
  Lister Meile 89 | 30161 Hannover | Fon 0511 39497220 | Fax 0511 39497225 | info@kl-kanzlei.com Impressum & Datenschutz