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Anspruch auf Mietertausch bei Mietermehrheit?

1.
Mieten Lebenspartner, unabhängig von einer Eintragung ihrer Lebenspartnerschaft, Eheleute oder Eltern(-teile) und (erwachsene) Kinder eine Wohnung gemeinsam, bedarf es einer übereinstimmenden Willenserklärung von Mietern und Vermieter, dass ein aus der Mietermehrheit ausscheidender Mieter durch einen Dritten ersetzt werden soll. Allein eine Mehrheit von Mietern begründet deshalb keinen Anspruch gegenüber dem Vermieter, einem Austritt eines Mitmieters oder seinem Austausch durch einen Dritten zuzustimmen.

2.
Ein Wechselrecht der Mieter besteht nur, wenn es von vorneherein eine Grundlage des Vertrags bildet oder später mit dem Vermieter vereinbart wurde.

LG Berlin, Urteil vom 17.04.2020 - 65 S 176/19

BGB § 536 Abs. 1, § 553

Problem/Sachverhalt

Die Mieter machten gegenüber dem Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zum Ausscheiden eines Mieters aus dem Mietverhältnis und Aufnahme eines neuen Mieters in das Mietverhältnis geltend.

Entscheidung

Zu Unrecht! Die Änderung eines Vertrags bedarf der einvernehmlichen Regelung der Parteien. Mieten Lebenspartner, unabhängig von einer Eintragung ihrer Lebenspartnerschaft, Eheleute oder Eltern(-teile) und (erwachsene) Kinder eine Wohnung gemeinsam an, bedarf es folglich einer übereinstimmenden Willensentscheidung beider Vertragsseiten, d. h. sowohl der Mieter als auch der Vermieter, wenn ein Mieter der Mietermehrheit ausscheiden und gegebenenfalls durch einen Dritten ersetzt werden soll. Das Grundprinzip der Vertragsfreiheit führt dazu, dass dem Vermieter außer im Falle der gesetzlich geregelten Folgen bei der Ehewohnung im Falle der Ehescheidung kein Mieter aufzuzwingen ist, ebenso wie er die Solvenz mehrerer gesamtschuldnerisch haftender Mieter nicht gegen seinen Willen verlieren darf. Allein eine Mehrheit von Mietern begründet deshalb keinen Anspruch gegenüber dem Vermieter, einem Austritt eines Mitmieters oder seines Austauschs durch einen Dritten zuzustimmen. Ein Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Zusammensetzung der Mieterschaft gegenüber dem Vermieter, ein sog. Wechselrecht der Mieter, besteht zudem nur dann, wenn das eine Grundlage des Vertrags bildet, also die Möglichkeit und das Recht der Mieterschaft bestehen soll, ohne Beendigung des gesamten Mietverhältnisses einzeln aus dem Mietvertrag auszuscheiden und den bzw. die ausgeschiedenen Mieter durch einen oder mehrere Mieter zu ersetzen. Das wird durch die Rechtsprechung dann angenommen, wenn es sich um eine nicht auf Dauer angelegte Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft der Mieter als Wohngemeinschaft in Form einer sog. BGB-Innengesellschaft handelt, weil dieses den Anspruch gegenüber dem Vermieter impliziert, einem Auswechseln der Mitglieder der Wohngemeinschaft auf Mieterseite grundsätzlich zuzustimmen. Die nicht auf Dauer angelegte Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft muss aber Grundlage des Zusammenlebens aller Mieter und der Anmietung der Wohnung sein oder später einvernehmlich mit dem Vermieter vereinbart werden. Dies muss der Vermieter bei Mietvertragsabschluss oder in dessen Verlauf wissen und als vertragsimmanent (an)erkennen. Soweit dies sich aus den vertraglichen Regelungen nicht eindeutig ergibt, kann sich das aus dem übereinstimmenden Handeln beider Vertragsseiten - Mietern und Vermieter - ebenso ergeben, etwa dann, wenn der Vermieter entsprechenden Wünschen der Mieterschaft mehrfach nachgekommen ist.

Praxishinweis

Eine nicht auf Dauer angelegte Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft der Mieter als Wohngemeinschaft wird nach Auffassung des Landgerichts häufig bei jüngeren Menschen ohne familiäre Bindung zueinander vorliegen, die sich regelmäßig in einer Ausbildungs- oder Berufsfindungsphase, auch in Praktika etc., befinden. In diesem Fall ergibt sich daraus eine von vorneherein erkennbare zeitliche Beschränkung des gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens. Solches ließ sich dem hier gegebenen Sachverhalt aber nicht entnehmen.

RA Ramon Danner, Aschheim
IMR 2021, 60

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