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Akteneinsicht durch Dritte in das Bauarchiv?

1.
Vorschriften der Benutzungssatzung für das Stadtarchiv können eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung nicht ersetzen.

2.
Befinden sich keine personenbezogenen Daten in der Bauakte, ist bei berechtigtem Interesse des Antragstellers grundsätzlich Einsicht zu gewähren.

VG Magdeburg, Beschluss vom 03.07.2018 - 3 A 228/16
ArchG-SA § 10 Abs. 4a; IZG-SA § 1

Problem/Sachverhalt

Ein Eigentümer begehrt Einsicht in die Bauakte des Nachbargrundstücks. Das wird von der Stadt mit der Begründung abgelehnt, dass Archivgut, worunter auch Akten aus dem Bauarchiv fallen, vor Ablauf der Schutzfristen (in Berlin 10 Jahre, in Sachsen-Anhalt 30 Jahre nach Archivierung) von Dritten grundsätzlich nicht genutzt werden darf, außer der betroffene Nachbar würde zustimmen. Der Antragsteller beruft sich darauf, eine Ausnahme hiervon bestehe dann, wenn das Archivgut schon vor Übergabe in das Archiv bereits einem gesetzlichen Informationszugang offenstand (Sachsen-Anhalt: § 10 Abs. 4a ArchG-SA i.V.m. § 1 Abs. 1 IZG-SA; Berlin: § 9 Abs. 6 ArchGB i.V.m. § 3 Abs. 1 IFG). Ein solcher Zugang dürfe gewährt werden, wenn keine personenbezogenen Daten in der (Bau-)Akte vorhanden seien oder das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiege. Kann die Benutzungssatzung des Archivs eine solche Interessenabwägung für die Einsicht in Bauakten ausschließen?

Entscheidung

Nein! Bei der Prüfung, ob nach dem Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (IZG-SA) ein Anspruch auf Informationszugang - und damit Einsicht in das Archiv - besteht, muss das Informationsinteresse des Antragstellers immer gegen das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs abgewogen werden. Die Benutzungssatzung des Archivs kann die vorzunehmende Interessenabwägung nicht ersetzen. Es muss außerdem zusätzlich geprüft werden, ob sich in der Akte überhaupt personenbezogene Daten befinden. Ist dies nicht der Fall, ist Einsicht zu gewähren.

Praxishinweis

Insbesondere dann, wenn in der Bauakte keine personenbezogenen Daten natürlicher Personen vorhanden sind, besteht nach dem jeweiligen Landesarchivgesetz regelmäßig Anspruch auf Einsicht in die Akte - auch ohne Einverständniserklärung des Eigentümers oder des Verfügungsberechtigten. In vielen Fällen dürften keine personenbezogenen Daten der Gesellschafter in der Bauakte enthalten sein. Der Anspruch auf Einsicht in nachbarschaftliche Bauakten zur Überprüfung, ob beispielsweise eine ausgeübte Nutzung genehmigt ist oder Überbauung mit einer Wärmedämmung vorliegt, dürfte außerdem bestehen, wenn zwar personenbezogene Daten vorhanden sind, diese aber durch Schwärzen unkenntlich gemacht werden können. Die DSGVO definiert personenbezogene Daten als alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen identifiziert werden kann. Angaben zu Name und Anschrift eines Architekten auf Bauplänen beispielsweise stellen solche personenbezogenen Daten dar. Das Geheimhaltungsinteresse des Architekten müsste aber das Informationsinteresse überwiegen. Das Interesse an Geheimhaltung dürfte regelmäßig gering sein. Liegt es doch vor, sind dessen Daten unkenntlich zu machen.

Ref. Ann-Marie Gutmann, Berlin
IMR 2018, 391

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