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Ablagern geringer Schneemengen auf Nachbargrundstück ist keine Eigentumsbeeinträchtigung

1.
Nicht jede Einwirkung auf das Grundstückseigentum stellt auch eine Beeinträchtigung desselben dar.

2.
Das gelegentliche Ablagern von ein bis zwei Schaufeln Schnee fällt jedenfalls nicht darunter, weil es keinerlei spürbare Auswirkungen auf die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers hat.

AG München, Urteil vom 28.07.2017 - 213 C 7060/17
BGB §§ 903, 906, 1004

Problem/Sachverhalt

Die Parteien waren Eigentümer benachbarter Grundstücke. Mit anwaltlichen Schreiben ließ der Kläger den Beklagten auf das künftige Unterlassen des absichtlichen Ablagerns von Schnee auf seinem Grundstück abmahnen. Der Beklagte antwortete dem Kläger, dass er es "selbstverständlich (...) vermeiden" werde, Schnee von seinem Grundstück auf das Grundstück des Klägers "zu schaufeln". Daraufhin erhob der Kläger Klage mit der Behauptung, der Beklagte verbringe regelmäßig den jahreszeitlich bedingten Anfall von Schneemassen auf den Garagenvorflächen auf das Grundstück des Klägers, um sie dort abzulagern. Das Unterlassungsinteresse ergebe sich aus der Meidung von Schäden an der Rasenfläche infolge verzögerter Begrünung im Frühjahr. Zudem müsse der nach Abschmelzen des Schnees verbleibende Streusplitt vom Grundstück entfernt werden. Der Beklagte bestritt jedwede von ihm verursachte Beeinträchtigungen.

Entscheidung

Nach durchgeführter Beweisaufnahme weist das Gericht die Klage ab, weil dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehe. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Beklagte zu einem nicht mehr näher eingrenzbaren Zeitpunkt eine Schaufel Schnee über den Grenzzaun auf das Grundstück des Klägers ausgeleert, selbiges Verhalten zu einem weiteren Zeitpunkt wiederholt, sodann zwei weitere Schaufeln Schnee auf das Grundstück des Klägers entleert und schließlich zu einem weiteren, nicht mehr näher eingrenzbaren Zeitpunkt nochmals eine Schaufel Schnee über den Grenzzaun entleert habe. Ein weitergehendes absichtliches Verbringen von Schnee durch den Beklagten über den Zaun auf das Grundstück des Klägers konnte nicht nachgewiesen werden. Das Gericht erkannt in dem - wenn auch absichtlichen - Verbringen von lediglich ein bis zwei Schaufeln Schnee auf das Grundstück des Klägers keine hinreichende Beeinträchtigung des Grundstückseigentums. Nicht jede Einwirkung auf das Grundstückseigentum stelle auch eine Beeinträchtigung desselben dar. Eine solche Beeinträchtigung erfordere vielmehr einen dem Inhalt des Eigentums widersprechenden Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers, ohne dass es einer Einwirkung auf die Substanz bedürfe. Das Verbringen von lediglich ein bis zwei Schaufeln Schnee sei zwar geeignet, den Kläger zu provozieren und das Verhältnis der Parteien untereinander weiter zu verschlechtern. Darüber hinaus habe es jedoch keinerlei spürbare Auswirkungen auf die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Klägers, da es sich bei dem mit der Schaufel absichtlich verbrachten Schnee lediglich um einige Liter Wasser handle, welche sich allenfalls bis zum selbstständigen Schmelzen infolge Erwärmung auf dem Grundstück des Klägers befinden.

Praxishinweis

Nach Wertung des Gerichts war aufgrund der geringen Schneemenge die für eine Eigentumsbeeinträchtigung erforderliche Erheblichkeitsschwelle noch nicht überschritten. Das Ablagern jedenfalls größerer Mengen Schnee auf einem Nachbargrundstück kann auch nach der ergangenen Entscheidung rechtswidrig sein.

RA und Notar, FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Andreas C. Brinkmann, Hannover

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