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Vereinbarter Umlageschlüssel: Wie kann er durch Beschluss geändert werden?

Die Änderung eines Umlageschlüssels durch einen auf § 16 Abs. 3 WEG beruhenden Beschluss setzt voraus, dass aus ihm hinreichend konkret hervorgeht, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, den geltenden Umlageschlüssel zu ändern.

BGH, Urteil vom 08.06.2018 - V ZR 195/17
ZPO § 16 Abs. 3, § 21 Abs. 7

Problem/Sachverhalt

In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es Teileigentum, das als Hotel genutzt wird und das T gehört, sowie Wohnungseigentum. Die Gemeinschaftsordnung regelt die Umlage der Kosten von Wohnungs‑ und Teileigentum. Im letzten Jahrtausend schließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit T einen Vertrag über die Kosten eines Pförtnereinsatzes. Diesen Vertrag genehmigen die Wohnungseigentümer vor der WEG‑Reform durch Beschluss. Ferner schließen T und die Gemeinschaft im Jahr 2009 einen Vertrag über eine "technische Betreuung". Die in den Verträgen enthaltene Umlage der Kosten weicht jeweils von der Gemeinschaftsordnung ab. Im Jahr 2015 legen die Wohnungseigentümer ‑ außerhalb der Abrechnung! ‑ in Beschlüssen zu TOP 4 und TOP 7 die Pförtnerkosten und die Kosten über die "technische Betreuung" nach Maßgabe der Verträge um. Gegen diese Beschlüsse geht Wohnungseigentümer K vor.

Entscheidung

Mit Erfolg! Beim Beschluss zu TOP 4 sei der vereinbarte Umlageschlüssel anzuwenden gewesen. Eine Kompetenz, diesen zu ändern, habe sich nicht aus § 21 Abs. 7 WEG ergeben. Denn die Kosten für die technische Betreuung stellten keine Kosten für eine besondere Nutzung dar. Besondere Nutzungen i.S.v § 21 Abs. 7 WEG seien nämlich solche, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums einhergingen und zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich machten. Solche Nutzungen gebe es nicht. Auch ein besonderer Verwaltungsaufwand i.S.v. § 21 Abs. 7 WEG liege nicht vor. So sei es nur, wenn das normale, übliche Maß bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums überschritten sei. Hieran fehle es. Eine Kompetenz hätte sich allerdings aus § 16 Abs. 3 WEG ergeben können. Die Änderung eines Umlageschlüssels durch einen auf § 16 Abs. 3 WEG beruhenden Beschluss setze indes voraus, dass aus ihm hinreichend konkret hervorgehe, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein haben, die bisherige Kostenverteilung für künftige Abrechnungen zu ändern. Dass die Wohnungseigentümer einen solchen Beschluss gefasst haben, könne im Fall nicht angenommen werden. Auch der Beschluss zu TOP 7 über die Verteilung der Kosten für den Pförtnerdienst entspreche keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Dieser Beschluss orientiere sich an den Vorgaben des Pförtnervertrags. Dieser sei zwar durch Beschluss genehmigt worden. Eine Beschlusskompetenz hierfür habe sich aber weder aus § 16 Abs. 3 WEG noch aus § 21 Abs. 7 WEG ergeben. Denn diese Vorschriften seien erst am 01.07.2007 in Kraft getreten. Der Beschluss könne sich aber auch nicht auf § 21 Abs. 3 WEG stützen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht vor, da die Verteilung der Pförtnerkosten in der Gemeinschaftsordnung geregelt gewesen sei. Und auch im Beschluss zu TOP 7 selbst liege keine Änderung des vereinbarten Umlageschlüssels. Er verteile lediglich Kosten und treffe keine abstrakt-generelle Regelung über eine Änderung des vereinbarten Umlageschlüssels.

Praxishinweis

Der BGH hält daran fest, § 21 Abs. 7 WEG ermögliche die Änderung/Einführung eines Umlageschlüssels. Das ist mehr als bedauerlich. Ferner hält der BGH an seinen "Definitionen" fest, was besondere Nutzungen und Verwaltungskosten sind. Auch dies überzeugt nicht. Das eigentliche "Faszinosum" liegt aber in der merkwürdigen Diskussion des § 21 Abs. 3 WEG als Beschlusskompetenz für einen Umlageschlüssel.

RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin
IMR 2018, 425

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