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Nachbar der WEG stört: Wer kann Unterlassung und Beseitigung verlangen?

Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus dem Miteigentum am WEG‑Grundstück gegen den Grundstücksnachbarn sind nicht i.S.v. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG gemeinschaftsbezogen.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 45/17
BGB § 1004; WEG § 10 Abs. 6 Satz 3, § 13 Abs. 2 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Das Grundstück der Wohnungseigentümer grenzt in dem Bereich, in dem K ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche zusteht, an das Grundstück des B. B's Haus ist über einen in diesem Grenzbereich der beiden Grundstücke gelegenen Weg erreichbar. Der Weg verläuft teilweise über das Grundstück der Wohnungseigentümer. Das Zugangsrecht wird durch Grunddienstbarkeiten gesichert, die zu Lasten des Grundstücks der Wohnungseigentümer und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks des B im Grundbuch eingetragen sind. B stellt auf den Zugangsweg eine Holzwand, eine Gartenbank, Pflanzkübel, Blumenkästen, Figuren und ein Gestell auf. K verlangt die Entfernung dieser Gegenstände, soweit sie sich auf dem den Wohnungseigentümern gehörenden Bereich des Zugangswegs befinden und die künftige Unterlassung der Aufstellung von Gegenständen. Streitig ist u. a., ob K insoweit überhaupt prozessführungsbefugt ist.

Entscheidung

Nach Ansicht des BGH ist K befugt, den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 BGB gegen B selbstständig gerichtlich geltend zu machen. Dieser sei nicht gemeinschaftsbezogen. Unterlassungs‑ und Beseitigungsansprüche aus dem Miteigentum am Grundstück gem. § 1004 Abs. 1 BGB ‑ anders als etwa für Schadensersatzansprüche ‑ seien nicht i.S.v. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG gemeinschaftsbezogen. Dies gelte nicht nur, wenn sich die Ansprüche gegen einen anderen Wohnungseigentümer richteten, sondern auch dann, wenn Anspruchsgegner ein Dritter sei (Hinweis u. a. auf BGH, NJW 2015, 2968, Rz. 14; ZMR 2016, 382 Rz. 17, und a. A. Jacoby, ZWE 2012, 70, 74). Dass es unter den Wohnungseigentümern über die Art des Vorgehens gegen den Störer erhebliche Meinungsunterschiede geben könne, sei unerheblich. Abgesehen davon, dass auch bei Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen, die sich gegen einen Wohnungseigentümer richteten, Meinungsunterschiede hierüber bestehen könnten, könne etwaigen Differenzen dadurch begegnet werden, dass die Wohnungseigentümer die Rechtsverfolgung des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 vergemeinschaften; einzelne Wohnungseigentümer, die damit nicht einverstanden seien, könnten diesen Beschluss mit der Anfechtungsklage überprüfen lassen (Hinweis auf BGH, NJW 2015, 1020 Rz. 18). Auch das Argument, dass der Dritte der Gefahr einer Vielzahl von Einzelklagen der Wohnungseigentümer ausgesetzt sei, ohne dass eine Rechtskrafterstreckung einträte, könne die Gemeinschaftsbezogenheit nicht begründen. Einer mehrfachen Inanspruchnahme könne der Dritte dadurch vorbeugen, dass er den anderen Wohnungseigentümern den Streit verkünde (Hinweis auf Bruns, NJW 2011, 337, 341, und Abramenko, ZMR 2007, 841, 842).

Praxishinweis

Handelt es sich um einen gemeinschaftsbezogenen Abwehranspruch gegen einen Nachbarn, z. B. störende Immissionen, kann gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG nach bislang herrschender Meinung nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln (siehe nur Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 10 Rz. 243 und § 13 Rz. 75). Mit diesem Denken bricht der BGH. Seine Sichtweise stärkt den einzelnen Wohnungseigentümer. Sie "zerbröselt" aber die Dogmatik des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG und macht zum unseligen Rätsel, welche Rechte gemeinschaftsbezogen sind und vor allem warum. Ferner ist kaum nachvollziehbar, dass sich die Klage des Nachbarn gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten muss (BGH, IMR 2016, 200; NZM 2012, 435, Rz. 14) - dies umgekehrt aber nicht gelten soll.

RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin Autorenprofil
IMR 2018, 23

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