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Mieter tot, aber kein Erbe: Wie kann gekündigt und geräumt werden?

Gibt es nach dem Tod eines Mieters keine Erben, kann der Vermieter (auch) zum Zwecke der Räumung der Mietsache die Anordnung einer Nachlasspflegschaft beantragen. Fehlendes Nachlassvermögen steht der Anordnung nicht entgegen.

KG, Beschluss vom 02.08.2017 ‑ 19 W 102/17

BGB §§ 546, 1961; FamFG § 58 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Zwischen dem Vermieter und dem Mieter bestand seit dem Jahr 2000 ein Mietverhältnis über eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin. Der Mieter verstarb im September 2016. Seine beiden bekannten, im Ausland lebenden Töchter schlugen die Erbschaft aus. Weitere Erben waren konkret nicht bekannt. Allerdings soll der verstorbene Mieter wohl noch eine Schwester gehabt haben ‑ deren Name und Wohnort jedoch nicht ermittelt werden konnte. Nachdem eine Rückgabe der Wohnung an den Vermieter bis zum März 2017 nicht erfolgt war, beantragte der Vermieter im April 2017 beim zuständigen Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft mit dem "Wirkungskreis Kündigung, Räumung und Abwicklung des Mietverhältnisses". Anfang Juni 2016 erhielt der Vermieter dann Kenntnis von der Bestellung eines Nachlasspflegers ‑ im Wirkungskreis jedoch beschränkt nur auf die "Kündigung des Mietverhältnisses". Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis gegenüber dem Nachlasspfleger. Eine Rückgabe der Mietsache erfolgte gleichwohl nicht. Vielmehr verwies der Nachlasspfleger auf seine insoweit beschränkte Zuständigkeit. Der Vermieter beantragte daraufhin Anfang Juli 2017 nochmals die Anordnung einer sich auch auf die Rückgabe und Abwicklung des Mietverhältnisses erstreckenden Nachlasspflegschaft. Das Nachlassgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 05.07.2017 ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Nachlass vermutlich überschuldet sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vermieters hat Erfolg.

Entscheidung

Das KG sieht die gesetzlich normierten Voraussetzungen, unter denen nach § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen ist, als erfüllt an. Das voraussichtliche Fehlen von Nachlassvermögen bzw. dessen Dürftigkeit stehe der Anordnung nicht entgegen. Vielmehr habe die Anordnung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu erfolgen. Die Bestellung eines Nachlasspflegers habe auch nicht unbedingt die Räumung der Wohnung auf Staatskosten zur Folge. Denn es bestehe die Möglichkeit, einen Nachlasspfleger zu bestellen, der für die unbekannten Erben einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen (§ 1980 BGB) oder die Dürftigkeitseinrede (§§ 1990, 1991 BGB) erheben könne.

Praxishinweis

Der Entscheidung liegt ein in der Praxis nicht ungewöhnlicher Fall zu Grunde: Der Mieter verstirbt während der Dauer des Mietverhältnisses und es gibt keine Erben. Der Vermieter hat dann keinen "Erklärungsgegner" gegenüber dem er die Kündigung des Mietverhältnisses (Sonderkündigungsrecht nach § 564 BGB) ausüben könnte. Mit der vorliegend ‑ zunächst ‑ erfolgten Anordnung der Nachlasspflegschaft mit dem "Wirkungskreis Kündigung" konnte der Vermieter zwar das Mieterverhältnis kündigen, gleichwohl seinen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache (§ 546 BGB) aber nicht durchsetzen. Eine eigenmächtig durchgeführte Räumung der Wohnung hätte gegebenenfalls strafrechtliche Relevanz gehabt und in jedem Fall das Risiko von Schadensersatzansprüchen später bekannt werdender Erben beinhaltet. Insoweit wird deutlich, dass es für die Praxis unerlässlich ist, in einem solchen Fall stets den Wirkungskreis der beantragten Nachlasspflegschaft nicht nur auf die Kündigung des Mietverhältnisses, sondern auch auf dessen Abwicklung, insbesondere die Räumung der Wohnung zu erstrecken.

RA und FA für Miet‑ und Wohnungseigentumsrecht Christopher Sixtus, Berlin

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