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Eichfällige Messgeräte: Kein Verwendungsverbot aufgrund der Neuregelung des MessEG

1.
In § 33 Abs. 1 MessEG n.F. wird grundsätzlich kein zivilprozessual wirkendes Verwendungsverbot von Messergebnissen eichfälliger Messgeräte statuiert.

2.
Auf Betriebskostenabrechnungen, als "geschäftsähnliche Handlungen", findet auch § 134 BGB keine Anwendung.

3.
Es wird ausdrücklich an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 17.11.2010 - VIII ZR 112/10, IMR 2011, 46) festgehalten, wonach die Eichfälligkeit von Messgeräten lediglich zum Wegfall der Richtigkeitsvermutung der Messergebnisse führt.

LG Limburg, Urteil vom 31.08.2018 - 3 S 39/18 (nicht rechtskräftig)
BGB § 134; MessEG § 33

Problem/Sachverhalt

Die Vermieterin begehrt vom Mieter die Nachzahlung von Betriebskosten. Die zu Grunde liegende Heizkostenabrechnung wurde unstreitig unter Berücksichtigung von Messergebnissen erstellt, die zum Teil von eichfälligen Erfassungsgeräten stammten. Der Mieter wandte gegen die Abrechnung u. a. ein, dass die Verwendung von Messergebnissen eichfälliger Geräte nach der Neuregelung des MessEG vom 01.01.2015 grundsätzlich verboten sei, so dass auch eine Umlage nach Fläche unter Abzug von 15% der Kosten als unzulässig ausschiede, die vorliegend zu einer höheren Nachzahlung des Mieters geführt hätte. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Der Mieter wandte sich hiergegen mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Landgericht entscheidet, dass der Ablauf der Eichfrist einzelner Messgeräte auch nach der Neuregelung des MessEG nicht die Unverwertbarkeit sämtlicher Messergebnisse und damit der Abrechnung insgesamt zur Folge hat. Entgegen einiger Literaturstimmen bleibt es bei der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach Verbrauchswerte eichfälliger Messgeräte im Rahmen von Betriebskostenabrechnungen Verwendung finden dürfen. Lediglich die Vermutung der Richtigkeit entfällt. Es muss zwischen der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Verwendung geeichter Geräte und den zivilrechtlichen Folgen des Verstoßes hiergegen unterschieden werden. Unmittelbar lassen sich § 33 MessEG keine zivilprozessualen Rechtsfolgen entnehmen, so dass ein Verwendungsverbot im Rahmen der Abrechnung nur bei einer Auslegung von § 33 MessEG als Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB angenommen werden könnte. Dieser ist jedoch nicht anwendbar, da es sich bei Betriebskostenabrechnungen nach herrschender Meinung nicht um Rechtsgeschäfte, sondern um geschäftsähnliche Handlungen, um Wissenserklärungen bzw. um reine Rechenwerke handelt. Für eine analoge Anwendung von § 134 BGB fehlt es im Ergebnis an einer planwidrigen Regelungslücke.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist dogmatisch überzeugend und im Ergebnis zu begrüßen. Die sich durch die Eichfälligkeit ergebende Beweislastumkehr sowie die sich bietende Möglichkeit der Schätzung unter Berücksichtigung eines schadensersatzbedingten Abzugs tragen der Schutzwürdigkeit des Verbrauchers (Mieters) in ausreichendem Maße Rechnung, ohne dass dabei die Interessen des in Vorleistung getretenen Vermieters unangemessen missachtet werden. Gleichwohl muss freilich dringend dazu geraten werden, notwendige Eichungen vorzunehmen. Denn neben zivilprozessualen Nachteilen drohen bußgeldbezogene Konsequenzen (§ 60 MessEG).

RA und FA für Miet‑ und Wohnungseigentumsrecht Clemens Kuhn, Wetzlar
IMR 2018, 410

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